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Mitarbeitergespräche – eine (un-)sinnige Investition?

Ein Beitrag von Michael Hein

"Einmal im Jahr ein Mitarbeitergespräch, das reicht. Ich rede doch jeden Tag mit meinen Mitarbeitern." Dies ist eine häufige Aussage von Führungskräften auf die Frage, wie oft sie mit ihren Mitarbeitern Gespräche führen.

Stellen Sie sich vor, Sie planen in Ihrer Familie oder Partnerschaft eine größere Anschaffung oder einen Umzug – oder den Jahresurlaub – besprechen Sie das zwischen ‚Tür und Angel‘, nach dem Frühstück, kurz bevor Sie das Haus verlassen?

Natürlich nicht – dafür nehmen Sie sich Zeit. Sie überlegen sich, wo und wann das Gespräch am besten passt. Dann setzen Sie sich zusammen (und gleichzeitig auseinander), Sie stellen Ihren Standpunkt klar und versuchen gleichzeitig die Anliegen des Partners zu verstehen. Sehr wahrscheinlich machen Sie sich Notizen, um nichts Wichtiges zu vergessen und vereinbaren das weitere Vorgehen. Für beide Parteien zeigt das die Wichtigkeit und Verbindlichkeit dieses Gesprächs auf.

 

Nichts anderes passiert bei den Gesprächen mit Mitarbeitern in Unternehmen und Organisationen.

Im Unterschied zur täglichen Führungsarbeit wie spontanem Feedback im Arbeitsalltag sind diese grundsätzlichen Gespräche idealerweise vorbereitet und strukturiert.

Ein anderes Beispiel, das ich vor kurzem in meinem Bekanntenkreis erlebt habe: Ein Ehepaar trennt sich nach vielen Jahren. Erst nach der Trennung erzählt sie, was sie an ihrem Mann störte. Als er das mitbekommt, fällt er aus allen Wolken: „Warum hat sie mir das nicht gesagt? Nie haben wir darüber gesprochen!“

Kündigen Mitarbeiter den Arbeitsvertrag, liegt das weniger oft am Gehalt oder an einer Überforderung. Es gibt Studien, die belegen, der Chef ist der Knackpunkt! Mitarbeiter verlassen nicht ihre Firma, sondern ihren direkten Vorgesetzten. Dieses Problem hat oft, wie bei dem Ehepaar, mit „Sprachlosigkeit“ zu tun. Es wird über Betroffene geredet – seltener mit den Betroffenen.

Der sich daraus ergebende Schaden und die Kosten lassen sich kaum beziffern.

Und noch etwas: Haben Sie auch schon erlebt, dass aus einer scheinbaren Belanglosigkeit plötzlich ein massives Grundsatzgespräch entsteht – oder eine Lappalie eskaliert? Ein Zeichen dafür, dass schon einiges im Argen liegt. Hier fühlt sich meistens jemand ungerecht behandelt, ist enttäuscht, fühlt sich nicht gesehen und braucht Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Höchste Zeit ein intensives Gespräch zu suchen…

 

Daher ist es so wichtig, dass Führungskräfte sich mit ihren Beschäftigten immer wieder in Ruhe zusammensetzen, sich austauschen und miteinander reden.

Begreifen beide Parteien diese Gespräche als Chance und nicht mehr als Last oder zeitraubende Verpflichtung, trägt das entscheidend zu einer effektiven und effizienten Zusammenarbeit bei.

Und – je öfter sie geführt werden, desto leichter fallen sie und desto ’normaler‘ entwickeln sie sich.

Aber wie führt dieser Dialog zum Erfolg?

Hier spielt die eigene Haltung eine große Rolle. Fühlen sich Mitarbeiter sicher, haben sie Vertrauen? Dann bekommen Sie sehr wahrscheinlich auch ehrliche Antworten. Sie erfahren wichtige Informationen, erkennen zeitnah Konflikte und können im geschützten Rahmen Fehlverhalten ansprechen. Der Mitarbeiter fühlt sich gehört und gesehen, gestärkt und motiviert …

Eine Investition, die sich lohnt!

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