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Aktiv führen oder geduldig fördern?
Ein Beitrag von Hermann Stieglbauer
In meinen Seminaren höre ich oft die Aussage: "Meine Mitarbeiter fragen ständig nach!" Spontan reagieren Führungskräfte auf dieses "Nachfragen" häufig mit fachlichem Input oder sie nehmen die Zügel in die Hand und treffen selbst die Entscheidung. In vielen Fällen empfinden alle Beteiligten das als Win-win-Situation: Der Mitarbeiter hat sein Problem "weg" - frei nach dem Motto: "Ein Schelm ist, wer sich sagt, fünf Minuten dumm gestellt - eine Stunde Arbeit erspart!" Und der Vorgesetzte? Der fühlt sich als Führungskraft bestätigt und bekommt noch ein Dankeschön…
Warum reagieren wir spontan als Problemlöser?
- Es geht schnell – Führungskräfte werden für Ergebnisse bezahlt.
- Wir haben meistens sofort die fachliche Antwort im Kopf (oder zumindest eine gewisse Vorstellung davon).
- Wir denken gar nicht daran, dass der Mitarbeiter sich auch Gedanken gemacht haben könnte und vielleicht sogar ähnliche Lösungen parat hat.
Was sind die Konsequenzen dieses Vorgehens?
- Wir verhindern, dass Mitarbeiter selbständig und eigenverantwortlich agieren.
- Es besteht die Gefahr, dass die Motivation mangels Herausforderung langfristig verloren geht.
- Die Mitarbeiter passen sich dem Führungsstil an und gewöhnen sich daran, fertige Lösungen serviert zu bekommen und Verantwortung abzugeben.
Wie so oft – auf lange Sicht, ist die schnellste Lösung nicht immer die, die uns wirklich weiterbringt. Und – wie so oft – ein Perspektivenwechsel hilft uns hier weiter:
Warum verhält der Mitarbeiter sich so?
Es gibt zweifelsohne nachvollziehbare Gründe dafür:
- Mitarbeiter möchten keine Fehler machen.
- Den Mitarbeitern fehlt Vertrauen und sie scheuen daher negative Konsequenzen.
- Sie wissen gar nicht, was sie selber entscheiden dürfen/können.
- (Klarheit über die Entscheidungskompetenz?)
- Es handelt sich entweder um einen unsicheren oder einen perfektionistischen Charakterzug.
- Der Mitarbeiter ist fachlich noch nicht sicher.
- Mitarbeiter wünschen sich mehr Kontakt.
Was schafft nun eine verbesserte Zusammenarbeit?
Mein Vorschlag: Probieren Sie das nächste Mal in einer solchen Situation
folgendes Vorgehen mit den drei magischen Zauberfragen aus –
- innehalten
- Fokus liegt auf „Interesse am Menschen“ und nicht auf der Problemlösung
- geduldig sein
- Stellen Sie Ihrem Mitarbeiter die drei magischen Zauberfragen:
- Was ist konkret das Problem?
- Welche Ideen und Möglichkeiten sehen Sie?
- Welchen Vorschlag bevorzugen Sie?
- mit ganzer Aufmerksamkeit zuhören; den Mitarbeiter ermutigen und bestärken selbst die Entscheidung zu treffen
- statt Rat-schläge zu erteilen, drücken Sie Ihre Anregungen in Frageform aus
Mit dieser zeitlichen Investition gewinnen Sie wertvolle Informationen, die womöglich ein ganz anderes Bild entstehen lassen. Jetzt erst wissen Sie, wie es Ihrem Mitarbeiter geht, was er braucht und wie Sie ihn gezielt unterstützen können, das Problem jetzt und in Zukunft selbständig zu lösen. Denn …
… möchten wir zufriedene und gleichzeitig motivierte Mitarbeiter mit hoher Eigenverantwortung,
gilt es deren Selbstwertgefühl zu respektieren und zu fördern. (frei nach Hartmut Laufe)
Schreiben Sie mir doch Ihre Erfahrungen dazu – ich freue mich über jeden Beitrag! Bei Fragen telefoniere ich gerne mit Ihnen. Sie erreichen mich unter 08667/7177.
… und nun bin ich sehr gespannt auf Ihre Erlebnisse!
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